Unser Segel-Blog

Erfahrungsberichte unserer Segelleidenschaft

September 2018: Tag vier von Lyoe nach Kalvoe (24 sm)

Heute morgen sind wir früher aufgestanden, um auch schneller auf dem Wasser zu sein. Um 08:00 Uhr sollte zusammen gefrühstückt werden. Die ausbaufähige sanitäre Lage von Lyoe hatten wir ja gestern schon angesprochen. Heute morgen zeigte sich dann der Effekt, wenn ein sehr voller Hafen auf nur 2 Duschen trifft. Pünktlich um 07:40 Uhr musste ich mich in eine lange Schlange wartender Männer einreihen auf der Suche nach einer Dusche. Nach einer gefühlten Ewigkeit (und deutlich nach 08:00 Uhr) war ich dann endlich an der Reihe. Zu allem Unglück hatten wir nur für jedes Crewmitglied ein 10 Kronen Geldstück, für das man 3 Minuten Duschzeit bekam, sprich es war tempo angesagt. Wenige Minuten später konnte ich mich wieder auf den Weg zurück zur Jenna machen.

Unser Coaching bekamen wir heute in der Plicht unserer Yacht im Freien. Der Wind war zwar kühl, aber die Sonne am wolkenlosen, blauen Himmel wärmte ausreichend. Thema war das „Schatten- und Sonnenkind“ von Stefanie Stahl. Anschließend haben wir noch eine“Kollegiale Beratung“ abgehalten, bei der ein Gruppenmitglied ein Problem schildert und die Gruppe Lösungsstrategien bzw. Erklärungsmöglichkeiten liefert und der Problemschilderer sich am Ende die für ihn passenden Ergebnisse herauspickt. Eine erschreckend coole Art fremde Standpunkte und Ansichten für eigene Fragestellungen nutzbar zu machen. Leider Dauerte speziell die kollegiale Beratung deutlich länger als geplant, weshalb wir nicht wie geplant um 13.00 Uhr starten konnten, sondern erst um 13.30 Uhr mit den Ablegearbeiten begonnen werden konnte.

Der Wind hatte mittlerweile gut aufgefrischt und auch im Hafen blies es schon merklich. Kurz bevor wir unsere Leinen loswerfen wollten kam noch ein neues Boot in den Hafen auf der Suche nach einem Liegeplatz. Der Steuermann fuhr mit einem affen Zahn und wirkte auf den ersten Blick sehr erfahren im Umgang mit seiner Yacht (auch einer 46 Fuß Bavaria, wie unserer). Auf den zweiten Blick sah man jedoch, dass er einfach nur kein Feingefühl hatte und er seine Maschine von einem Extrem ins andere jagte. Als er nicht sofort eine Box fand begann der Wind ihn quer auf die Dalben zu treiben (große Holzpfosten an den Ecken der Boxen, an denen Schiffe festgemacht werden). Als er bemerkte, was geschah war es schon fast zu spät und er rutschte langsam an den Dalben entlang direkt an unserer Box vorbei. Dabei traf er unser Boot ganz vorne am Anker. Jörg konnte den Aufprall zum Glück mit einem Fender (luftgefüllter Gummizylinder an einer Schnur) abfedern. Nachdem der Steuermann sah, dass der Wind ihn immer wieder auf die Dalben würde treiben, fasste er sich ein Herz drückte den Gashebel komplett auf den Tisch und wollte sich mit Vollgas befreien. Was er dabei aber nicht bedacht hat ist, dass er sein Heck („Hintern“ seiner Yacht) dabei in unsere Box drehen würde. Mit sehr hoher Geschwindigkeit kam er also wieder an unserer Box vorbei, drehte seinen Hintern rein und blieb mit seinem Heckkorb an unserem Bugkorb samt Anker hängen. Jörg und ich standen vorne und hatten versucht Schaden abzuwenden und flogen jetzt fast vom Schiff. Es gelang uns gerade noch uns irgendwo festzuhalten, bevor ein riesen Ruck durch unser Schiff zog. Nachdem wir alle wieder auf den Beinen waren sahen wir, dass unsere komplette Ankeraufnahme krumm war. Die Platte auf der der Anker geführt wurde hatte sich um mehr als 1 cm verschoben. Die Führungsschienen für den Anker, die aus 5 mm Edelstahl gefertigt waren, waren um mehr als 30° krumm und der Bolzen zum Sichern des Ankers (1 cm stark) war geknickt und konnte nicht mehr herausgezogen werden. Jörg machte sich gleich schimpfend mit einem Unfallbericht auf zu der Yacht, die mittlerweile in einer anderen Box anlegen konnte. Kurze Zeit später war er mit dem Steuermann wieder bei uns an Bord um den Schaden zu begutachten. Nach anfänglichen Zweifeln gab der andere Schiffsführer schließlich den Schaden zu und unterschrieb den Bericht. Auf der anderen Yacht war der halbe Heckkorb verbogen… Nach diesem Schreck hatten wir natürlich sehr viel Zeit verloren und hatten keinen einsatzbereiten Anker mehr. Jörg meldete darauf den Schaden bei unserem Charter-Unternehmen.

Endlich konnte unser Segeltag beginnen. Wir hatten wieder traumhafte Bedingungen. Vorwindkurs, 3 bis 4 Windstärken, blauer Himmel und Sonne. Nur die quer von hinten einfallenden Wellen von gut 50 cm Höhe nervten ein wenig. Mittlerweile waren aber alle Crewmitglieder seefest, so dass wir den Tag in vollen Zügen genießen konnten. Zwischenzeitlich lagen alle, bis auf den Steuermann irgendwo auf dem Vorschiff in der Sonne und schlummerten. Gegen 19.00 Uhr kamen wir in Kalvoe an. Jörg lies mich das Anlegemanöver unter Maschine fahren und obwohl das eine aufregende Sache war, habe ich es unter Anleitung hinbekommen. Darin muss ich dringend noch viel mehr Routine bekommen!

Laut Jörgs Beschreibung war Kalvoe ein „idyllischer“ Hafen, was uns zuerst mal Sorgen machte, denn idyllisch kann in diesem Zusammenhang auch bedeuten „keine Infrastruktur und wenig Sanitäranlagen“. Aber als wir ankamen, konnten wir Jörg nur Recht geben. Kalvoe liegt quasi wie Flensburg am Ende einer Einbuchtung ins Landesinnere, allerdings ohne Stadt und Industrie. Direkt am Hafen steht ein alter Gutshof, der nun ein Hotel mit Ferienwohnungen ist, in dem auch die Sanitäranlagen untergebracht sind. Es gibt zwar nicht wirklich viele Duschen, allerdings ist der Hafen auch sehr klein und das was da ist, ist sehr gepflegt und riecht sogar angenehm 😉

Kurz nachdem wir angekommen sind, haben schlagartig knapp 50% aller Schiffe abgelegt und sind aus dem Hafen gefahren. Unser erster Impuls war „wissen die etwas, was wir nicht wissen“? Doch dann kam Jörg mit der Erklärung: in vielen Häfen gibt es jeden Mittwoch eine Regatta und wir hatten anscheinend genau den richtigen Zeitpunkt abgepasst. Die Schiffe sammelten sich direkt vor der Hafen und schossen dann Richtung offenem Meer dahin. Kurze Zeit später sah man sie nur noch in weiter Ferne. Wir haben währenddessen mit der Zubereitung des Abendessens begonnen. Es gab „Reis mit Gedöns“ und vorweg eine Kürbissuppe. Sprich wir haben einfach alles an Resten verwertet und daraus etwas leckeres gezaubert. Ich muss sagen, dass sich das Ergebnis sehen bzw. essen lies. Es hat wirklich super geschmeckt. Nachdem wir mit dem Essen fertig waren und es draußen schon dunkel war, kamen die Regattaboote zurück zum Hafen, wo auch die Zieleinfahrt war. Der Anblick der  vielen roten und grünen Lampen (Positionslichter) in der Dunkelheit war beeindruckend. Zum Zeitpunkt der Zieleinfahrt wurden die Boote vom Land aus mit einem riesen Strahler angeleuchtet, um zu sehen wer an welcher Stelle im Ziel angekommen war.

Mittlerweile liegen alle in ihren Betten. Wir liegen heute relativ ungeschützt in den Wellen, da der Hafen keine Mauer hat, sondern die Schiffe quasi „nur“ an Dalben festgemacht werden. Ich bin mal gespannt, ob das ständige Schaukeln über Nacht eher nervt oder man sanft im Schlaf gewiegt wird. Bis morgen!

1 Kommentar

  1. Da habt ihr ja noch Glück gehabt,dass nichts Schlimmeres passiert ist. Das ist allgemein das Elend mit Chartercrews. Ich habe schon mehrmals versucht zu schreiben, aber die Mail ging nicht raus. Lese aber fleißig jeden Tag euren Blog. Ich wünsche euch noch einen schönen Turn.Liebe Grüße Heidi

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